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Freitag, 28.09.2001

«Unsere Zivilisation ist dem Islam überlegen»

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi provoziert mit seinen Äußerungen weltweite Empörung und Proteste

Rom - Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat mit scharfer Kritik am Islam für Aufsehen gesorgt. «Unsere Zivilisation ist dem Islam überlegen», sagte Berlusconi nach italienischen Medienberichten vom Donnerstag am Rande seines Besuches in Berlin vom Vortag. Die Freiheit des Einzelnen sei sicher nicht das Erbgut der islamischen Welt, die teilweise 1400 Jahre zurück liege, wurde Berlusconi zitiert. «Man denke nur daran, wie die Frauen behandelt werden», fügte er hinzu. Es sei nicht möglich, den Islam auf eine Stufe mit dem Westen zu stellen.

Politiker der Mitte-Links-Opposition haben Berlusconis Äußerungen scharf kritisiert. Die Worte Berlusconis seien unglaublich, sagte Oppositionschef Francesco Rutelli. «Sie scheinen geradezu dafür geschaffen, die islamische Welt den Fanatikern anzunähern», fügte er hinzu.

Der Historiker Franco Cardini sagte der Zeitung «La Stampa», Berlusconi habe offenbar nicht bedacht, dass der Westen auch Hitler hervorgebracht habe. Die amerikanischen Indianer seien zudem nicht von islamischen Fundamentalisten ausgerottet worden, sagte Cardini.

Auch die US-Regierung und die EU Berlusconis Äußerungen scharf kritisiert.
Der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher, stellte klar, dass der Kampf gegen den Terrorismus kein Schlag gegen den Islam oder die Araber sei. Er erklärte, es gehe um Freiheit, nicht um Kultur. Das Ziel sei der Kampf gegen Gewalt und Terror.
Die Europäische Union distanzierte sich von den Aussagen Berlusconis. Belgiens Ministerpräsident und EU-Ratspräsident, Guy Verhofstadt, sagte, er könne kaum glauben, dass der italienische Regierungschef sich "so geäußert" habe. Die EU gründe sich auf ein Wertesystem, das sich gerade im Zusammenspiel mehrerer Kulturen widerspiegele. Die Äußerungen Berlusconis seien geeignet, in der moslemischen Welt als Demütigung empfunden zu werden.

Auch EU-Kommissionspräsident Romano Prodi kritisierte die Aussprüche Berlusconis. "Es ist klar, dass wir in Europa die Zusammenarbeit und Gleichheit zwischen verschiedenen (religiösen und ethnischen) Gruppen pflegen", sagte Prodi, der zuvor in Brüssel demonstrativ eine Moschee besucht hatte.

Die arabischen Länder forderten eine Entschuldigung oder ein Dementi der italienischen Regierung. Berlusconi habe mit seinen "rassistischen" Äußerungen die Grenzen der Vernunft und des Anstands überschritten, sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, in Kairo. Zugleich forderte er die europäischen Staaten auf, die arabischen Gemeinden vor Hass und Übergriffen zu schützen.