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Mittwoch, 28.02.2018

Oberster islamischer Richter unterstützt Jerusalemer Kirchen

Grabeskirche in Jerusalem geschlossen – aus Protest gegen die israelische Politik gegenüber den Kirchen haben örtliche Kirchenführer die Grabeskirche in Jerusalem bis auf weiteres geschlossen. Die Forderung nach einer Steuerpflicht widerspreche der historischen Stellung der Kirchen in Jerusalem, so die Kirchenführer.

Der Vorsitzende des obersten islamischen Gerichts in Jerusalem erklärt sich solidarisch mit den Protesten von Kirchenführern gegen die israelische Politik in Steuer- und Grundbesitzfragen. "Wir sind heute zur Grabeskirche gekommen, dem heiligen christlichen Ort, um an der Seite unserer christlichen Brüder zu stehen", erklärte Kadi Wasif al-Barki am Dienstag auf dem Vorplatz der geschlossenen Kirche.

Die Freundschaft von Muslimen und Christen in Jerusalem bestehe ungebrochen seit mehr als tausend Jahren. Und wie Vertreter der Kirchen bei der Schließung des Felsendoms an der Seite der Muslime gestanden hätten, stünden nun die Muslime in Solidarität mit den Christen, so al-Bakri.

Der oberste islamische Richter kritisierte die Stadt für ihre Grundsteuerforderung an die Kirchen. Diese Entscheidung sei falsch und schaffe Probleme für Jerusalem, "die eine Stadt des Friedens ist und in die alle Menschen zum Gebet kommen können müssen", so al-Barki. Er betonte zudem die Stellung des jordanischen Königs Abdullah II. als oberster Hüter der muslimischen und christlichen Heiligen Stätten Jerusalems.

Am Sonntag hatten die griechisch-orthodoxe und die armenische Kirche zusammen mit der Franziskaner-Kustodie eine Erklärung veröffentlicht, die unter anderem das Vorgehen der Stadt in Steuerfragen als eine "systematische und offensive Kampagne" Israels gegen die Kirchen und Christen kritisierte. Aus Protest schlossen sie in einem ungewöhnlichen Schritt zudem die Grabeskirche bis auf weiteres.

Die Forderung nach einer Steuerpflicht widerspreche der historischen Stellung der Kirchen in Jerusalem. Die Maßnahmen der Stadt, zu denen laut Berichten unter anderem Kontensperrungen zählen, brächen "bestehende Abkommen und internationale Verpflichtungen, die die Rechte und Privilegien der Kirchen garantieren", so die Kirchenführer. Die Stellungnahme richtet sich zudem gegen einen Gesetzentwurf, der dem Staat eine Enteignung von an Privatinvestoren verkauftes Kirchenland ermöglichen soll.

Bei dem Streit um die Grundsteuerpflicht für kirchliches Eigentum geht es laut Berichten um Forderungen der Stadt von umgerechnet 150 Millionen Euro für 887 Liegenschaften in Kirchen- oder UN-Besitz, die zu anderen Zwecken als als Gottesdienstorte genutzt werden. Letztere sind von der städtischen Grundsteuer ausgenommen.

Eine grundsätzliche Freistellung der Kirchen und der UN von der Grundsteuer bezeichnete die Stadt demnach als diskriminierend und als eine Gefahr für die finanzielle Stabilität. Man werde notfalls bis vor das Oberste Gericht ziehen.

Bei der Staatsgründung 1948 hatte Israel die entsprechenden Regelungen aus der britischen Mandatszeit übernommen, die nach alter Tradition die Kirche von allen Steuerzahlungen befreiten. Als 1993 ein - bis heute von Israel nicht ratifizierter - Grundlagenvertrag unterzeichnet wurde, ließ man darin die Steuerfrage offen und wies die Klärung einer eigenen Kommission zu. Deren Verhandlungen dauern seither an. Einen nach sechsjährigen Verhandlungen zum 1. Januar 2016 verabschiedeten Grundlagenvertrag zwischen Palästina und dem Heiligen Stuhl kritisierte Israel als übereilt und einseitig.