Newsnational Freitag, 17.04.2009 |  Drucken

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Berliner Kulturkampf: Pro Ethik oder Pro Religion?

Staat darf nicht die Definitionsmacht über Moral beanspruchen – ZMD fordert echte Wahlfreiheit für Schüler:„Religion darf nicht zum Sonderposten verkommen“

Am 26. April werden 2.450.000 wahlberechtigte Berliner dazu aufgerufen, zu entscheiden, ob es in Zukunft eine Wahlmöglichkeit zwischen Ethik- und Religionsunterricht als Wahlpflichtfach geben soll.

Die Fronten sind starr: zwischen den Befürwortern von Pro Religion und Pro Ethik. Die Berliner CDU und FDP, christliche Kirchen, sowie islamische und jüdische Institutionen, unterstützen die Initiative Pro Reli (siehe weiter unten). Die Berliner SPD, die Grünen und Linke formierten sich hingegen im Gegenbündnis Pro Ethik zusammen und bestehen auf die Beibehaltung der aktuellen Regelung.
Grosse Plakataktionen und Prominente werben hüben wie drüben.

Ein Pro-Ethik-Plakat hatte etwas Peinliches: "Religion oder Ethik? Wir machen beides", sagen die Schüler. Aber von einem gleichberechtigten Nebeneinander zwischen beiden Fächern, wie es in anderen deutschen Bundesländern üblich ist, kann in Berlin nicht die Rede sein. Hier hat das Fach Ethik den Rang eines Pflichtfachs, während Religion nur als freiwilliges Extrafach besteht.

Die WELT schreibt heute dazu: „Das Privileg für den Ethikunterricht ist nicht harmlos. Es bedeutet eine Art Pflichtvereinigung der Schüler, bei der der Staat die Definitionsmacht über die Moral beansprucht“ und: „Ein klarer Fall von Diskriminierung.“. Starker Tobak und doch richtig.

Nach der Meinung des Zentralrates der Muslime in Deutschland (ZMD) biete Religion jungen Menschen wesentliche Grundlagen für ethisches Handeln in der Gesellschaft.
Die Stellvertretende Vorsitzende des Zentralrates der Muslime Maryam Weiß, die selber Lehrerin ist, wünscht sich, dass der „Wahlfreiheit gegenüber einer strikten Zuweisung, vielleicht sogar noch gegen das Gewissen, der Vorzug gegeben werden muss.", so gegenüber islam.de vor einigen Tagen.
„Deshalb sind wir für echte Wahlfreiheit und gegen das
Konzept Ethik plus Religion“ Der Zentralrat hat bereits ein fertiges Curriculum, das zum Beispiel in Niedersachsen in Teilen benutzt wird.

„Ausgehend von den guten Erfahrungen im Koordinationsrat der Muslime kann ich mir gut vorstellen, dass die großen Verbände gemeinsam einen flächendeckenden islamischen Schulunterricht für Berlin zusammenstellen und den Bestehenden ergänzen.“ sagte heute der ZMD-Generalsekretär Aiman Mazyek gegenüber dem Berliner "Tagesspiegel". "Der springende Punkt wird aber sein, ob auch die Politik in Berlin die islamischen Verbände als Partner anerkennt“.
Er befürchtet auch, dass bei der bisherige Reglung „Religion zu einem Sonderposten verkommt“.

Der Vorsitzende der Adenauer-Stiftung, Bernhard Vogel, erklärt, es gehe bei der Kontroverse um «die Freiheit des religiösen Bekenntnisses». Kirchen, jüdische Gemeinden und islamische Gemeinschaften dürften kein Monopol für sich fordern, zugleich dürfe man aber auch «nicht zulassen, dass der Berliner Senat ein solches Monopol für den Staat beansprucht», so der CDU-Politiker.

Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan J. Kramer, bezeichnet es als «unschätzbaren Gewinn» für jüdische Schüler, von fachkundigen Lehrern im Religionsunterricht jüdisches Wissen vermittelt zu bekommen und damit die eigene jüdische Identität zu stärken. Moderner Religionsunterricht beinhalte auch die Begegnung zwischen den Religionen.




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