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Die Moschee-Kathedrale versinnbildlicht die Einwirkung von Muslimen und Christen auf ein Werk.
Die Moschee-Kathedrale versinnbildlicht die Einwirkung von Muslimen und Christen auf ein Werk.

Glaube als Ressource

Religionswissenschaftler Blume für eine religionsübergreifende Zusammenarbeit von Christen und Muslimen – ZMD pflichtet bei

Osnabrück (KNA/islam.de) Angesichts der Klimakrise und anderer Umbrüche plädiert der Religionswissenschaftler Michael Blume für eine religionsübergreifende Zusammenarbeit von Christen und Muslimen. „Wir stehen doch alle vor den gleichen Katastrophen und haben mit den gleichen Ängsten zu kämpfen“, sagte der Antisemitismusbeauftragte von Baden-Württemberg den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse (Sonntag) in Osnabrück. Wenn Räte der Religionen in den Städten gemeinsam die Klimakrise thematisierten oder in der Flüchtlingskrise einander beistünden, „dann kann aus all dem Übel auch eine echte Friedensbewegung werden“.

Die Vernünftigen in allen Religionen hätten jetzt die Chance, einander die Hände zu reichen und sich gemeinsam den Herausforderungen zu stellen. Sie könnten sinnvolle Bildungs- und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche auflegen, gemeinsame Aktionen für den Klima- und Umweltschutz starten oder auf konkrete Verbesserungen bei der Integration von Flüchtlingen hinwirken.

ZMD-Vorsitzender Aiman Mazyek stimmt ein in die Worte Blumes. In einem kürzlich im NDR veröffentlichten Kommentar schreibt er: „Es kommt auf den einzelnen Bürger und auch auf Religionsgemeinschaften an. Wir müssen ganzheitlich und gemeinschaftlich diese Aufgabe anpacken. Es gilt, verantwortungsvoller für die Bewahrung der Schöpfung einzutreten. Das sind wir nicht nur zukünftigen Generationen schuldig, sondern – und das sage ich ausdrücklich als gläubiger Mensch – hierzu werden wir auch vor Gott eines Tages Rechenschaft ablegen müssen.“


Saadi-Miniatur aus dem 17. Jahrhundert - Zur Zeit der Aufklärung wurde Saadi in Deutschland zahlreich gelesen.

Saadi-Miniatur aus dem 17. Jahrhundert - Zur Zeit der Aufklärung wurde Saadi in Deutschland zahlreich gelesen.
Koran als Inspirationsquelle

Zur Zeit der Aufklärung in Deutschland erfreute sich besonders ein muslimischer Dichter und Theologe großer Beliebtheit: Saadi Schirazi. Bereits im 13. Jahrhundert fasste er eine zeitlose und universale Maxime in Worte: „Wer anderen seine Hilfe anbietet, wird in beiden Welten Gutes erfahren. Lasse den Alten und Bedürftigen deine Hilfe zukommen. Allah, der Erhabene, hilft denen, die sich für das Wohlergehen ihrer Mitmenschen einsetzen.“

Ebenso weist Mazyek in seinem Weihnachtsgruß, der islam.de exklusiv vorliegt und in den nächsten Wochen versandt wird, auf den Koran als Inspirationsquelle hin. Das richtige Maß zu finden, sowohl im Miteinander als auch im Umgang mit der Schöpfung, sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Im Koran werden unterschiedliche Formen sich Gott zuzuwenden genannt. Eine Form der Zuwendung liege in der Achtung der Natur. Sie zu zerstören und unfruchtbar zu machen, wird als Unheil bezeichnet: „Wenn er (der Mensch) sich abkehrt, bemüht er sich eifrig darum, auf der Erde Unheil zu stiften und Saatfelder und Nachkommenschaft zu vernichten. Aber Allah liebt nicht das Unheil.“ (Sure 2, Vers 205) Gläubige an diesen Aspekt der Religiosität zu erinnern, kann Kräfte freisetzen, die der Gesellschaft und Schöpfung im Allgemeinen wohltun.

Zusammenarbeit braucht Vorbilder

Allerdings gibt es in allen Religionen Menschen, die Bildung und Naturwissenschaften misstrauten, den Dialog mit Andersglaubenden ablehnten und diese als Verschwörer vernichten wollten. Sowohl manche Christen und Muslime ignorieren die Gefahren der Klimakrise und der Corona-Pandemie und sind in den Fundamentalismus abgerutscht. So sehr es sich hier um Minderheiten handelt, ist es doch umso wichtiger vorzumachen, dass Zusammenarbeit möglich ist. Zuletzt haben auch in der Bundesrepublik Verschwörungsmythen, Antisemitismus und Muslimhass massiv zugenommen. Angesichts dessen bekundete Blume die Hoffnung, dass sich innerhalb der Religionen „die Vernünftigen, die Friedens- und Dialogbereiten in neuen Allianzen zusammenschließen“.

Der Wissenschaftler Blume nannte es „ermutigend“, dass Papst Franziskus und der Großscheich der Kairoer Al-Azhar-Universität, Ahmad al-Tayyeb, so eng zusammenarbeiteten. Das wäre noch vor 20 Jahren undenkbar gewesen. Blume veröffentlichte mehrere Bücher, zuletzt „Rückzug oder Kreuzzug? Die Krise des Christentums und die Gefahr des Fundamentalismus“.



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